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Review 40. Symposium

Zum 40. Jubiläum der Gründung des SOWI-AV fand das SOWI-Symposium am 27. Oktober 2018 an der Universität in Stellenbosch, Südafrika statt.

Am Beginn stand traditionsgemäß ein Vortrag von em. Univ.-Prof. DDr. Gerald Schöpfer, der in diesem Jahr die wechselvolle politische und wirtschaftspolitische Beziehung zwischen Afrika und Europa beleuchtete. Afrika als Wiege der Menschheit und mit seinen 2.138 Sprachen stellt einen kulturell besonders vielfältigen Kontinent dar. Die europäischen Staaten begannen jedoch im 16. Jahrhundert mit der Unterwerfung der Lokalbevölkerung, wobei Belgien, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, die Niederlande und Portugal eine tragende Rolle spielten. Im 19. und bis zur Mitte des 20. Jahrhundert war der gesamte afrikanische Kontinent vollständig von europäischen Staaten kolonialisiert, die auch die Grenzen nach ihren europäischen Vorstellungen zogen, wodurch natürliche einheitliche Lebensräume am Kontinent zerschnitten wurden. Nach Jahrhunderten der Unterdrückung durch die europäischen Mächte und dem Erstarken des eigenen Identitätsbewusstseins der afrikanischen Bevölkerung, begann die Entkolonialisierung erst in den 1960er-Jahren, meist aber, weil die Kolonialmächte erkannten, dass ihre Kolonien sich als wirtschaftlich nicht tragfähig erwiesen. Damit wurde der afrikanischen Bevölkerung jedoch nicht die vollständige Freiheit zurückgegeben. Vielmehr nahm der Neokolonialismus durch die Abhängigkeit der Länder von westlichen InvestorInnen Gestalt an. Viele afrikanische Länder sind auch heute noch lediglich billige Rohstoffexporteure für die reichen Industrieländer, was sich auch am Anteil Afrikas am Welthandel von lediglich 2 % zeigt. Der Kontinent kämpft aktuell vor allem mit Korruption, dem Ausverkauf von Bodenschätzen und in weiterer Folge auch mit den Folgen des Klimawandels. Einen wirtschaftlichen Lichtblick bietet laut dem Referenten möglicherweise das afrikanische Freihandelsabkommen AfCFTA, welches bereits von 44 Ländern unterzeichnet wurde und eine Freihandelszone sowie einen gemeinsamen Binnenmarkt der afrikanischen Staaten zum Ziel hat.

An die Darstellung der wirtschaftlichen Situation Afrikas schloss Dr. Johann Brieger, MBA, Botschafter der Republik Österreich in Südafrika, in seinem Vortrag am Beispiel Südafrikas an. Südafrika hat eine Fläche von in etwa der Größe Frankreichs, Deutschlands und Großbritanniens zusammengerechnet und 57,4 Mio. EinwohnerInnen. Die schwarze Bevölkerung stellt 81 % der EinwohnerInnen, der Rest wird von Weißen, Coloureds und AsiatInnen eingenommen. Südafrika ist das einzige Land Afrikas, das Mitglied in den G 20 ist. Jedoch leben auch hier 56 % der Bevölkerung immer noch in Armut. Die hohe Arbeitslosigkeit von 27 % begünstigt die Kriminalität und das Land befindet sich zur Zeit in einer Rezession. Europa ist für Südafrika der wichtigste Handelspartner und über 70 % der Direktinvestitionen kommen vom europäischen Kontinent, nur etwa 2 % aus China, das aber öffentlich viel stärker wahrgenommen wird, wie Herr Dr. Brieger ausführte. Die südafrikanische Bevölkerung setzt große Hoffnungen in den neuen Präsidenten Ramaphosa, welcher seit 2018 im Amt ist. Österreich hat eine starke politische und wirtschaftliche Kooperation mit Südafrika. Derzeit leben etwa 20.000 Österreicherinnen und Österreicher im Land, meist als Entsandte von österreichischen Unternehmen.

Die wirtschaftliche Situation des Landes griff danach auch Mag. Johannes Brunner, Wirtschaftsdelegierter der WKO in Johannesburg in seinem Referat zum Thema „Die südafrikanische Wirtschaft und ihre Spezifika“ auf. Die Wirtschaftskammer Österreich ist bereits seit 1956 in Südafrika vertreten, das für sich allein etwa 23 % des gesamtafrikanischen BIPs erwirtschaftet. Rechnet man Rohöl aus der gesamtafrikanischen Wirtschaftsbilanz heraus, steht das Land sogar für mehr als 50 % der Exporte des afrikanischen Kontinents. Durch die derzeit anhaltende oben erwähnte Rezession und die damit verbundenen Anstrengungen der Regierung steigt jedoch das Budgetdefizit und die Verschuldung Südafrikas. Als weiteres Hindernis für den Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen Österreichs mit Südafrika nannte Herr Mag. Brunner die oftmals prekäre Lage hinsichtlich Wasser- und Stromversorgung. Darüber hinaus führen der Mangel an Fachkräften, die erwähnte hohe Kriminalität und die oftmals ineffiziente Verwaltung zu weiteren Hürden. Positiv erwähnt wurden die Marktgröße und Kaufkraft sowie die relativ gute Infrastruktur und der gut entwickelte Finanzsektor. Österreichs Exporte nach Südafrika betreffen vor allem den Maschinenbau und Fahrzeuge, wohingegen die Importe auf Grund der reichen Vorkommen Südafrikas an Bodenschätzen zu knapp der Hälfte auf Rohstoffe entfallen.

Mag. Lukas Robisch, MSc. Assistent am Institut für Personalpolitik der Universität Graz ging in seinem Vortrag näher auf das Personalmanagement in Südafrika ein, sowohl bezüglich der historischen Entwicklung als auch auf die aktuelle Situation. Die bereits von Prof. Schöpfer angesprochene Unterdrückung und die ab den 1850er-Jahren verstärkte Industrialisierung führten auf Grund der Bevorzugung von Weißen in Managementpositionen zu großer Unzufriedenheit unter der schwarzen Bevölkerung, was als ein Auslöser der Gründung von Gewerkschaften gilt, die auch heute noch eine sehr starke Position in der südafrikanischen Wirtschaft einnehmen. Die Apartheid führte in weiterer Folge zu landesweiten Protesten in den 1970er Jahren. Die Forderungen der schwarzen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wurden von der Regierung ernstgenommen, und so entstand die industrielle Demokratie bereits zwei Jahrzehnte vor der politischen Demokratie in Südafrika, was ein weltweit einzigartiges Phänomen darstellt. Soziale Unsicherheit und die starke Ungleichverteilung von Einkommen und Vermögen blieben jedoch bis heute bestehen: In Südafrika besitzen 10 % der Bevölkerung 71 % des Vermögens und der Gini-Koeffzient der Einkommensverteilung ist sehr hoch. Um dem entgegenzuwirken, wurde mit Mai 2018 ein gesetzlicher Mindestlohn von EUR 1,21/Stunde eingeführt; eine gesetzliche Krankenversicherung ist in Planung. Darüber hinaus wurden die Unternehmen verpflichtet, schwarze Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gezielt zu schulen, um höhere Qualifikationsniveaus zur ermöglichen.

DI Dr. Heimo Thalhammer konnte das angesprochene Problem des Fachkräfte- und Managermangels in seinem Vortrag aus eigener Erfahrung bestätigen. Er sieht in diesem sogar das größte Problem Südafrikas für ausländische InvestorInnen wie ihn. Zusammen mit seiner Frau betreibt er seit einigen Jahren in Kleinmond eine Weinfarm. Bereits 1652 richteten die Niederländer eine Handelsmission in Südafrika ein, um Wein anzubauen, da das Land auf halbem Seeweg nach Java liegt und auf der langen Fahrt Wasser schlecht wird, Wein jedoch länger gelagert werden kann. Simon van der Stel kam als Nachfolger des ersten Weinbauern Jan van Riebeeck nach Südafrika und gründete die nach ihm benannte Stadt Stellenbosch (Bosch = Wald), Veranstaltungsort unseres heurigen Symposiums. Der Weinanbau in Südafrika erfolgt heute großteils am Westkap, es dominieren Weißweine. Durch das angenehme Klima, die kulturelle und natürliche Vielfalt und das vielseitige Urlaubsangebot kann Südafrika auch im Tourismus punkten, obwohl die Anreise auf Grund der exponierten Lage des Landes sehr lang und Sicherheitsbedenken allgegenwärtig sind. Diese sollten nach Meinung von Herrn DI Dr. Thalhammer jedoch nicht davon abhalten, das Land zu besuchen, da mit entsprechenden Vorkehrungen ein normaler Aufenthalt gewährleistet sei. Für InvestorInnen biete das Land neben dem funktionierenden Bankensektor auch einen bedeutsamen Inlandsmarkt, der durch die wachsende Kaufkraft der Mittelschicht sich auch in Zukunft positiv entwickeln werde.

In das Thema Wirtschaft wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des heurigen Symposiums auch durch die Erfahrungen, über die Herr DI Bernd Asbeck (ANDRITZ/Kyalami) berichtete, eingeführt. Die ANDRITZ AG mit Sitz in Graz beschäftigt weltweit 25.000 Mitarbeiter und ist in den Bereichen Pulp & Paper, Hydro, Metals und Separation tätig. Im letzteren Bereich, der die Fest-Flüssig-Trennung umfasst, arbeitet ANDRITZ in Südafrika. Dabei wird beispielsweise mit Hilfe von Zentrifugen Schwefel aus Kohle entfernt, um Treibstoff zu gewinnen. Weiters nannte Herr DI Asbeck die Lieferung und Installation der größten Düngemittelfabrik der Welt in Saudi-Arabien durch ANDRITZ/SA mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von 6 Mrd. US-Dollar. Als Problem für ausländische Unternehmen nannte er einmal mehr die oftmals bedenkliche Sicherheitslage, schlechte Mitarbeiterinnen- und Mitarbeiterqualifikation und die Probleme bei der Wasser- und Energieversorgung. Er strich aber u.a. auch die relativ gut ausgebauten Straßen als positiven Aspekt für investierende Unternehmen hervor.

Zu guter Letzt sprach Prof. Dr. Michael Peter Lamont von der örtlichen Stellenbosch University über Chancen für InvestorInnen an den südafrikanischen Finanzmärkten. Er betonte, dass die Märkte sehr gut entwickelt seien, jedoch grundsätzlich eine hohe Volatilität aufwiesen. Darüber hinaus wird der private Konsum neben dem derzeit niedrigen Wachstum auch durch Steuern und relativ hohe Treibstoffpreise (umgerechnet ca. ein Euro pro Liter Superbenzin) gehemmt. Die Verschuldung des Landes, welche sich in Lokalwährung gerechnet innerhalb der letzten zehn Jahre auf 59 % des BIP verdoppelt hat, stellt einen weiteren Risikofaktor dar. Positiv zu sehen ist jedoch die im Vergleich zu Österreich stark ausgeprägte Aktienkultur der Südafrikanerinnen und Südafrikaner. Diese legen ihr überschüssiges Geld großteils in Form von Geldmarktfonds an. Abschließend sprach Herr Dr. Lamont auch über bekannte südafrikanische Unternehmen, wie etwa die Firstrand (eine große Bank) sowie Sanlam (eine bedeutsame Versicherungsgesellschaft).

Zusammenfassend betrachtet brachte das 40. SOWI-Symposium durch die hochinteressanten, spannenden und aktuellen Vorträge aus verschiedensten Blickwinkeln den TeilnehmerInnen einen umfassenden Blick auf die wirtschaftliche, politische und soziale Lage Südafrikas. Die Organisation unter der Leitung von Mag. Dr. Günther Witamwas funktionierte wie gewohnt hervorragend. Daher war auch das 40. SOWI-Symposium ein voller Erfolg.

Reisebericht

Text: Christof Haar, BSc.
Fotos: Mag. Paulus Mayr

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